Aktuelle Ausstellung  in Averbecks Speicher


500 Jahre Reformation im Osnabrücker Land

 Rechtzeitig zum 500-jährigen Reformationsjubiläum präsentiert der Heimatverein Glane  in seiner Schauvitrine auf Averbecks Hof eine kleine Auswahl aus seinem Bestand zum Thema Reformation im Osnabrücker Land. Die Auswahl wurde getroffen unter den Aspekten „Reformationsfeiern als Spiegel ihrer Zeit“ und „Reformation im Osnabrücker Land“. Dabei reicht das Spektrum von einer „Illustrierte(n) Geschichte der Reformation in Deutschland“ aus dem Jahr 1909 über ein „Gedenkbüchlein auf das Jahr 1917 für Deutschlands Jugend“ (1917) bis hin zu  „Konfessionelles Nebeneinander im geistlichen Fürstentum Osnabrück – Protokolle des Generalvikars Albert Lucenius über die Visitation der Kirchen und Klöster im Osnabrücker Land 1624/25“ (1997). Der informierende Begleittext zu der kleinen, aber anregenden Präsentation ist im Folgenden abgedruckt; die ausgewählten Bücher können am Ende der Präsentation – ab Ende November – im Heimtarchiv Glane ausgeliehen werden.

In der Vitrine finden Sie folgende Exponate:

  
1.    
Illustrierte Geschichte der Reformation in Deutschland; Volkstümlich dargestellt von D. Bernhard Rogge; Anhang: Ausgewählte Predigten D. Martin Luthers; Vertriebsanstalt christlicher Kunstwerke (M. Zulauf), Hersfeld 1909

 

2.     Leopold von Ranke: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation; ungekürzte Textausgabe im Phaidon-Verlag, Köln o.J.

 

3.     Katharina Kunter: 500 Jahre Protestantismus – Eine Reise von den Anfängen bis in die Gegenwart; Palm Verlag, Berlin 2016

 

4.     Luther und die Deutschen; Begleitband zur Nationalen Sonderausstellung auf der Wartburg 4. Mai bis 5. November 2017; herausgegeben von der Wartburg-Stiftung Eisenach; Michael Imhof Verlag, Petersberg o.J (2017)

 

5.  Reformation; Aus Politik und Zeitschichte; Zeitschrift der Bundeszentrale für politische  Bildung  66. Jg. 52/2016 vom 27. Dezember 2016

 

6.  Martin Luther: Geistliche Lieder; Verlag Albert Lempp, früher Chr.

     Kaiser-Verlag, München 1940 

 

7.      Martin Luther: 95 Thesen Lateinisch – Deutsch; aus dem Lateinischen          von Erich  Ackermann, Anaconda-Verlag, Köln 2017

 

8.  Reformations-Gedenkbüchlein auf das Jahr 1917 für Deutschlands Jugend von Reinhold  Braun;  Hrsg. und Verlag Agentur des Rauhen Hauses, Hamburg o.J. (1917)

 

9. Unser Reformator Dr. Martin Luther; Zur Vierhundertjahrfeier der     Reformation ; dem deutschen evangelischen Volk und besonders seiner Jugend von D. Paul Kaiser; Verlag von Velhagen und Klasing, Bielefeld und Leipzig 1917

 

10.  Geschichte -   Lehrbuch  für Klasse 6 und

                 Geschichte -   Lehrbuch für Klasse 7;

             Volk und Wissen – Volkseigener Verlag Berlin, 6. Auflage

        bzw. 16. Auflage 1983

 

 

     11.   Martin Luther in beiden deutschen Staaten; Hrsg. Politische  

                  Bildungsstätte Helmstedt e.V.; Selbstverlag; Helmstedt  o.J. (1983)

 

         12.  Siegfried Bräuer: Martin Luther in marxistischer Sicht von 1945 bis    

                  zum Beginn der achtziger Jahre; Evangelische Verlagsanstalt GmbH,   

                  Berlin, 2. Auflage 1983

 

13.             Heide Stratenwerth: Die Reformation in der Stadt Osnabrück;   

Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Bd. 61; Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1971

 

14.    Konfessionelles Nebeneinander im geistlichen Fürstentum Osnabrück

Protokolle des Generalvikars Albert Lucenius über die Visitation der Kirchen und Klöster im Osnabrücker Land (1624/25); nach der Urhandschrift aus dem Lateinischen übersetzt von Wilfried Pabst; Heimatkunde des Osnabrücker Landes in Einzelbeispielen; Hrsg. Verein für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück; Selbst-verlag, Osnabrück 1997

 

15.    Wolfgang Seegrün, Gerd Steinwascher: 350 Jahre Capitulatio

Perpetua Osnabrugensis  (1650 – 2000) – Entstehung - Folgen – Text;

Osnabrücker Geschichtsquellen und Forschungen Bd. 41; Hrsg. Verein für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück; Selbstverlag Osnabrück 2000

 

16.    … dat hillige Evangelium recht prediken – Osnabrück im Zeitalter

                  der Reformation; Begleitheft zur Ausstellung im Felix-Nussbaum-

                 haus/Kulturgeschichtliches Museum 21. Mai bis 31. Oktober 2017

 

17.    Walter Kardinal Kasper: Martin Luther – Eine ökumenische Perspek-

tive; Patmos-Verlag der Schwabenverlag, Ostfildern, 2. Aufl. 2016

 

 

18.    Susanne Tauss, Ulrich Winzer (Hrsg.): Miteinander leben?

Reformation und Konfession im Fürstbistum Osnabrück 1500 bis 1700; Waxmann Verlag, Münster, New York  2017

 

 

19.   Playmobilfigur Martin Luther, angeblich die am meisten verkaufte

                 Figur der gesamten Playmobilproduktion

500 Jahre Reformation 1517 – 2017

Ein halbes Jahrtausend ist vergangen seit Martin Luthers Thesenanschlag von 1517, der allgemein als der Beginn der Reformation und der von ihr stark geprägten nachfolgenden Geschichte angesehen wird. Zu Recht gedenken besonders wir  in Deutschland dieses Ereignisses, wenngleich die Wirkungen der Reformation nicht auf Deutschland begrenzt waren, sondern sich auf die ganze Welt erstreckten.

Ein Jubiläum spiegelt nicht nur das Ereignis bzw. die Person, die gefeiert wird, sondern gibt vor allem ein Bild der Feiernden, also der Menschen des Jubiläumsjahres und ihrer gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse. Es wäre eine lohnende Aufgabe, die Jubiläumsfeiern zur Reformation und zu Martin Luther näher zu analysieren. Das kann hier aber nur ansatzweise und als Anreiz zur Weiterarbeit geschehen.

Das erste nachreformatorische Jahrhundert stand noch ganz im Zeichen der Konfrontation. Martin Luther war – je nach Standpunkt – entweder der Messias oder der Teufel. Fast genau 100 Jahre nach Luthers Thesenanschlag begann der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648), dessen Abschluss im Westfälischen Frieden von 1648 die kirchlichen und staatlich/territorialen Verhältnisse nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und darüber hinaus veränderte.

Das Gegeneinander der Konfessionen setzte sich im folgenden Jahrhundert weiter fort. Im Mittelpunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten 1717 stand die Person Martin Luthers, der – auch hier je nach Standpunkt – die Kirche entweder erneuert oder gespalten hatte.

 1817 - die Aufklärung hatte inzwischen ihre Spuren hinterlassen – feierte man Reformation nicht vorrangig als religiös- kirchliches Ereignis, sondern als den „ Aufbruch des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (Kant). Martin Luther galt als der große Aufklärer, der mit seiner Kritik an der festgefügten kirchlichen Lehre und seinen Schriften den Anstoß gegeben hatte zu Gewissensfreiheit und Mündigkeit jedes Einzelnen. Er wird aber auch schon gesehen als „der große Deutsche“;  im Jahrhundert des erstarkenden Nationalismus gerade auch in Deutschland kann er vielen als Identifikationsfigur gelten.

  Diese Sicht des Reformators als „der deutsche Luther“  durchzieht das ganze 19. Jahrhundert bis zum Jubiläumsjahr 1917, das zugleich das Entscheidungsjahr im Ersten Weltkrieg war. So erklärt es sich, dass Martin Luther als der „deutsche Held“ stilisiert wird, der die Soldaten an der Front zum Durchhalten bis zum Heldentod und die in der Heimat Verbliebenen – besonders die Jugend – zu Opferbereitschaft und Heldenmut aufruft. Die Vereinnahmung Martin Luthers für das „Deutschtum“ erreicht seinen Höhepunkt im Dritten Reich. Sie gipfelt

z.B. in einem Aufruf der „Deutschen Christen“, in dem es heißt: „Mit Luther und Hitler für Glauben und Volkstum“.

 
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges tritt in Westdeutschland  die theologisch-kirchliche Bedeutung Martin Luthers in den Vordergrund, während sich in Ostdeutschland vom Sozialismus geprägte Lutherbilder verbreiten. Vor allem in der Frühzeit der DDR wurde der Reformator zum „Fürstenknecht“  herabgewürdigt, der sich gegen die Bauern und auf die Seite der Fürsten gestellt hatte. Das änderte sich im Lauf der Zeit. Ein Grund für die Wandlung des Lutherbildes dürfte  gewesen sein, dass alle Stätten von Luthers Leben und Wirken im Staatsgebiet der DDR lagen und mehrere Luther- bzw. Reformationsjubiläen anstanden, die weltweit begangen wurden und auch Touristen ins Land brachten. Luther wurde fortan gemeinsam mit dem Reformator Thomas Müntzer, dem Anführer der Bauernaufstände, zum Initiator der „frühbürgerlichen Revolution“ erklärt, die die erste Stufe zur späteren „proletarischen Revolution“ gewesen sei. Aber während Martin Luther und seiner „frühbürgerlichen“ Revolution in den Geschichtsbüchern der DDR fünf  Seiten zugestanden werden, sind es bei Thomas Müntzer und seiner „Volksrevolution“ zehn Seiten.

In welchem Licht unsere diesjährigen Jubiläumsfeierlichkeiten später erscheinen, ist heute schwer zu sagen. Drei Aspekte zeichnen sich jedoch jetzt schon ab: Zum einen werden auch die dunklen Seiten Martin Luthers - etwa seine Äußerungen über die Juden -  offen angesprochen und diskutiert. Zum andern ist wohl kaum vorher ein religiöses Ereignis so sehr vom Commerz vereinnahmt worden wie das Reformationsjubiläum. Vom „Lutherbier“ über „Luthersocken“ bis hin zum Luther-Playmobil-Figürchen ist nahezu alles vertreten. – auch das ein Spiegel unserer Zeit? Was aber auffällt, ist, dass heute in  nahezu allen Jubiläumsfeier-lichkeiten und –publikationen die Oekumene hervorgehoben und das Gemeinsame der christlichen Konfessionen betont wird. Das Gegeneinander der ersten Jahrhunderte scheint einem Miteinander heute den Platz geräumt zu haben.

 

500 Jahre Reformation im Osnabrücker Land

 
In Osnabrück wurde die Reformation 1543 durch den damaligen Fürstbischof Franz von

Waldeck eingeführt, der sie jedoch bereits 1548 wieder zurücknahm. Auf Grund der unklaren konfessionellen Verhältnisse entwickelte sich unter ihm und seinen Nachfolgern kein konfessionell einheitliches Territorium.  Erst mit dem Westfälischen Frieden (1648) wurden Vereinbarungen getroffen, die das konfessionelle Zusammenleben regelten. Danach sollten die Kirchspiele im Fürstbistum Osnabrück derjenigen Konfession zugeordnet werden, der sie im sogenannten „Normaljahr“  (1624) angehört hatten. 1624/25 hatte der Generalvikar Albert Lucenius auf Weisung seines (katholischen) Bischofs die Landpfarreien im Fürstbistum Osnabrück visitiert. Hauptkriterien für die Zuordnung einer Pfarrei zum alten (katholischen) oder zum neuen (lutherischen) Glauben waren Lucenius’ Feststellungen, ob den Gläubigen das Abendmahl mit Hostie und Kelch gereicht wurde und ob der Priester zölibatär lebte.

 Eine weitere Bestimmung des Westfälischen Friedens legte fest, dass das Bischofsamt im Fürstbistum Osnabrück zwischen den Konfessionen wechseln sollte, d. h. dass auf einen katholischen Bischof ein evangelischer folgen sollte usw., wobei letzterer aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg stammen musste (sogenannte Alternierende Sukzession). Diese im gesamten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation einmalige Regelung hatte Geltung bis zu dessen Ende Anfang des 19. Jahrhunderts.

 Für Bad Iburg hat die Alternierende Sukzession noch eine besondere Bedeutung  bekommen:  Da die auf der Iburg residierenden Osnabrücker Bischöfe den katholisch gebliebenen Benediktinermönchen ihre Klosterkirche (die heutige katholische Pfarrkirche St. Clemens) nicht wegnehmen wollten oder konnten, der amtierende Bischof aber zumindest über eine Kapelle seiner Konfession verfügen musste, wurde eine evangelische Schlosskirche angebaut. In ihrer heutigen Ausgestaltung geht sie weitgehend zurück auf den evangelischen Bischof  Ernst August I. von Baunschweig-Lüneburg, der sie 1664 als fürstliche Hofkapelle ausbauen ließ. Sie dient heute der Bad Iburger evangelischen Kirchengemeinde als Pfarrkirche.

M. Zumstrull, Oktober 2017


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U.Grzonka 2016
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